1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Finnland und seine Bewohner.
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seinen Blättern nur in milderen Himmelsstrichen eigen ist. Recht heimisch
ist aber die Birke, sie scheut nicht den äußersten Norden und bildet gleich
den Nadelhölzern oft die ausgedehntesten Waldungen. Zünden Nadel-
holzwäldern gesellt sich der Wachholder, die Landschaft des Südens ziert
öfters der Faulbaum mit seinen weißen duftenden Trauben. Ueberallhin
verbreitet erscheint der schwarze Vogelkirschbaum.
Die Wälder und Sümpfe haben einen unermeßlichen Reichthum an
Beeren der schönsten und wohlfchureckendsten Arten; ihre bunten Farben
verleihen der Landschaft mit ihrer trüben Eintönigkeit oft einen freund-
licheren Anstrich. Da wachsen die Erdbeere, die Himbeere, die blaue und
rothe Heidelbeere; hoch im Norden duftet die aromatische Zwerg- oder
nordische Himbeere mit ihren rosenrothen Blumenblättern und ihren pur-
purnen Früchtchen, deren herrlicher Wohlgeschmack sie würdig macht, auf
den Tafeln der russischen Hauptstadt zu prangen. Auf dunklem Moos-
arunde belebt der Zwergbrombeerstrauch mit seinen rothgelben Beeren die
fahlen Farben öder Niederungen, und wo sich Sümpfe strecken, da ver-
deckt die Moosbeere mit ihren immergrünen Blättchen und zahllosen weiß
und roth gesprenkelten Beeren ihre Häßlichkeit.
Sümpfe, Moore, Wasserzüge und Seen nehmen fast die Hälfte des
Bodens von Finnland ein. Von der andern Hälfte, dem festen Boden,
sind die höher liegenden Gegenden sandig und geeignet für Weide und
Ackerbruch. Die Ackerfrüchte gedeihen auch vielfach auf fruchtbarer Thon-,
Schwarz- und Dammerde. Am fruchtbarsten ist die große Ebene um Wasa
und das Flußgebiet des Küro, bekannt wegen des trefflichen Roggens.
Die Wälder smd an der Küste meist gelichtet, die dichten Bestände des
Innern verheert häufig die Flamme; denn Waldbrände sind in Finnland
noch immer nichts Ungewöhnliches.
Das finnische Volk verleugnet noch jetzt in Sprache, Sitte und
Charakter eine historische Dreitheilung nicht. Wer, etwa aus Deutschland
oder Schweden kommend, zum ersten Mal den finnländischen Boden betritt,
den muß das durchaus Fremdartige der finnischen Sprache auf's höchste
überraschen und .den Gedanken sogleich nahe bringen, daß er es hier
schwerlich mit einer Sprache aus unserer indo-germanischen Sprachfamilie
zu thun habe. Wer Lust und Gelegenheit hatte in den Bau dieser
Sprache einzudringen und ihren Geist in der Literatur zu studiren, dem
wird ihr orientalischer Ursprung nicht lange verborgen geblieben sein. Als
eines der Hauptglieder jener über ein gutes Theil von Europa und Asien
verbreiteten ural-altaischen Sprachenfamilie, hat sie sich ungestörter und
kräftiger entwickelt, als zwei andere am wertesten westlich vorgedrungene
Schwestern, die türkische und die ungarische Sprache. Wir wollen hier
nur einiger Haupteigenthümlichkeiten der finnischen Sprache gedenken. Die^
finnische Sprache ist eine schöne, leichte, wohlklingende. Bei aller Vocal-
fülle überschreitet sie nie das Ebenmaß. Besonders reich ist sie an Doppel-
lauten; sie begnügt sich nicht mit denen unserer Sprachen, sondern bildet
neue, äü, öü, üö. Am Anfang des Wortes leidet sie nicht mehr als einen
Consonanten (Mitlaut); auch am Ende liebt sie den Vocal. In der Schrift
kennt die finnische Sprache keine müßigen Zeichen; der Laut bleibt unab-
änderlich derselbe. Die Sprache liebt vielfilbige Wörter; es giebt ihrer
bis zu elf Silben. Vermöge der Biegsamkeit ihrer Formen, vermöge der
reichen Mannichfaltigkeit ihrer Figuren, ihrer Leichtigkeit in der Bildung
neuer Wörter ist die finnische Sprache besonders für die Dichtkunst geeignet.
Der Finne liebt den Gesang über alles. Aber dabei hat für ihn" das
Wort vor dem Ton den Vorrang. Ihm kommt es wesentlich auf den
geistigen Inhalt des Gedichtes, erst in zweiter Linie auf die musikalische
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Moore
Extrahierte Ortsnamen: Finnland Finnland Finnland Deutschland Schweden Europa Asien
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Das Klima der pontischen Steppe.
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peinigen. Nun geht es durch labyrinthartige, schmale, finstere, feuchte
Gänge an den mit farbigen Gewänvern bedeckten Gebeinen der hier in
kostbaren Särgen beigesetzten Mönche und Heiligen vorüber, immer tiefer
in den Schooß des Berges hinein. Von Zeit zu Zeit kommt man in
etwas weitere capellenartrg eingerichtete Räume, in denen ein Priester, von
Chorsängern unterstützt, mit den Pilgern einen Gottesdienst begeht. Der
Mönch, der uns führte, war ein düsteres Wesen; als eine junge Dame,
die zu unserer Gesellschaft gehörte, sich die Dinge mit etwas weltlichem
Blick anschaute, wurde sie barsch zur Ordnung gerufen: „Sie sind hier um
zu beten und die Gebeine der Heiligen zu verehren, nicht aber um zu gaf-
fen!" Wiederholt gewahrt man ganz kleine fensterartige, nur mit Metall-
platten bedeckte Oeffnungen in den Mauern. Hier hatten sich in den fin-
steren Jahrhunderten des religiösen Fanatismus fromme Büßer einmauern
lassen. Durch das Fensterchen reichte man ihnen Brot und Wasser. Wenn
sie es nicht mehr in Empfang nahmen, dann waren sie wol gestorben und
das Fenster ward verschlossen. Aus einem hohlen eisernen Kreuze wird
dem Besucher der Höhlen geweihtes Wasser gereicht, wogegen er eine
Münze spendet.
Im Kijew'schen Höhlenkloster strömen durch die vielen Tausende von
Pilgern außerordentliche Reichthümer zusammen. Aus allen Theilen des
Reiches kommen die Beter in Scharen hierher gezogen. Durch diese Wall-
fahrt und die reichen Spenden, die sie oem Kloster zu Theil werden lassen,
glauben sie den Himmel zu versöhnen. Mackche hoffen Genesung von
schwerer Krankheit durch dieses gute Werk zu erringen. Natürlich verstärkt
auch vielfach die Liebe zum Müßiggang die Scharen der Wallfahrer. Viele
hundert Meilen werden zu Fuß zurückgelegt; in den Dörfern können die
Pilger und Pilgerinnen — es sind viele alte Frauen darunter — auf gast-
liche Aufnahme rechnen. Der Ruf von der Heiligkeit und Wunderkraft des
Höhlenklosters ist in jedes noch so kleine Dorf des Riesenreiches gedrungen.
L. Thomas: Nah der allgemeinen Zeitung.
10. Das Klima der pontischen Steppe.
Die Natur schläft in den Steppen einen so langen Winterschlaf, daß
man im Frühlinge wohl ein freundlicheres Erwachen erwarten könnte, als
man im April und Mai an ihr wahrzunehmen gewohnt ist. Der Steppen-
frühling beginnt mit der schmutzigen Zeit der Schneeschmelze, und wenn
die Steppe im Sommer oft Monate lang kein erfrischendes Tröpfchen
Wassers an sich zieht und Meilen weit nicht den geringsten Quell dieser
schönen Bodenmilch aus seinem klapperdürren Boden entläßt, so strömt nun
im Beginn des Frühlings das unruhige Element überall, wo man es wünscht
und nicht wünscht. Die ganze Steppe geht auf, und ihre ganze Oberfläche,
wo nicht der dickste und älteste Rasen sie festigt, verwandelt sich in einen
schwarzen schmierigen Brei, so daß es dem Menschen unmöglich ist, seinen
Fuß auf dem ganzen weiten Gefilde irgendwo sicher hinzusetzen, wo nicht
seine Hand ein Plätzchen überbrückt hat. Von allen Rücken und in allen
Schluchten und Thälern brausen die schmutzigsten Ströme des widerlichsten
^L^sbrs. In den Wohnorten der Menschen, wo durch die Straßen eben
solche wilde Ströme und Wässerfälle geräuschvoll arbeiten, wird der gräu-
lichste Unrath, den die Schneedecke liebreich verbarg, enthüllt und durch die
geführt. In dieser Zeit gehen die Hauptveränderungen der Boden-
oberfläche der Steppen vor sich. Regenschluchten reißen sich oft in einer
Nacht bis zu Klaftertiese aus. Die Senkungen der Küsten am Meere
finden nun vorzüglich statt, sowie auch Verflözungen der oberen Fruchterde-
Kriigcr, Geographische Bilder. 2
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Europa. — Rußland.
decke, die so bedeutend sind, daß in einigen Tagen lange Thalstrecken mit
einer mehrere Ellen dicken Erdschicht bedeckt werden.
Hat sich durch alle diese Gährungen der Frühling nun endlich hin-
durch gearbeitet, und waren schöne ruhige Tage am Ende Aprils und im
Mai sanft niedergestiegen, so kommt dann die angenehmste und erfreulichste
Zeit der Steppe, die dann wie eine grüne Oase erscheint zwischen den ver-
brannten Graswüsten des Sommers und den Schneeflächen des Winters.
Die ganze Steppe, so weit sie reicht, thut dann ihr Möglichstes in Erzeu-
gung grüner Gräser.
Diese Jugendzeit der Steppenkräuter ist die schönste Zeit der Steppe,
und es mag das Außergewöhnliche ihres Anblicks dem Fremdlinge Reiz
gewähren. Das Grün entfaltet sich hrer in großen unabsehbaren Massen
und wieder von Neuem in grenzenlosen Flächen. Nirgens eine kühne Er-
hebung, ein hoffnungsvolles Aufstreben zum Himmel. Alles, alles liegt
bleiern und matt darnieder. Da wird die Farbe der Hoffnung fast zur
Farbe der Verzweiflung.
Nachtfröste sind hier im Frühling völlig unbekannt. Wenn auch die
Nächte kälter ffnd als die Tage, so bleibt es doch nur bei einem besonders
in den Thälern kalten Thau, während auf der hohen Steppe selbst des
Nachts eine ziemlich warme Temperatur herrscht.
Gewitter beginnen schon im April sich zu zeigen, und oft wettert es
den ganzen Mai hindurch. Natürlich sind dies nur electrische Entladungen.
So lange diese Frühlingsgewitter noch aufsteigen und ihren Segen dem
Lande nicht vorenthalten, so lange giebt es auch noch Thau in den Nächten,
und erst in der Mitte des Juni hören die Thaue mit den Niederschlügen
zusammen auf.
Der Boden der Steppe ist im Sommer erhitzt und klafft, gesprungen
überall, vergebens nach Regenlabung schreiend. Die Sonne geht in dieser
heißen Zeit meistens feuerroth auf und ebenso unter und um Mittag wölbt
sich ein bleicher Himmel über dem Lande, denn die starken Ausdünstungen
aller Dinge, der Meere, der Thäler, der Thier- und Pflanzenwelt, der
Flüsse, welche letztere vertrocknend oft ganz zum Himmel aufsteigen, schwellen
immer die Luft mit wässerigen Dünsten, welche aber die Hitze nicht zum
Niederschlage kommen läßt, sondern schwebend in der Lust erhält. Die
Hitze wäre wohl an und für sich nicht so unerträglich und wird es nur
mehr durch ihre Dauer. Nie wird sie durch einen Zwischenact von Kühlung
unterbrochen.
Es ist dies eine Zeit großer Leiden alles Lebendigen auf der Steppe.
Die zarten Pflanzenkeime sinken zusammen und verdorren. Die Steppe
verliert die Frische ihres Frühlingsgrüns, wird dunkler, braun und fall
völlig schwarz, als hätte alles ein zehrender Brand versengt; Menschen und
Thiere magern ab. Die Heerden der wilden Ochsen und mehr noch der
Pferde, die im Mai so voll und muthig waren, sind matt und lahm.
Die Wasserteiche schmelzen zusammen, die Brunnen versiegen, die
Quellen stocken, und da, wo noch im Frühlinge Wellen schlugen, staubt
jetzt der Boden.
Ende Juli und August erreicht die Dürre ihren höchsten Grad. Dann
stellen sich wieder starke Nachtthaue ein und Gewitter werden hier und da
vom Boden angenommen. Die bleiche Dunst-Atmosphäre klärt sich allmaüg
zu freundlichem Blau ab, und alles bildet sich mehr und mehr zum sanften
Herbste hinüber. Wenn jenseit der größten Sonnenhöhe entschieden der
Mai der angenehmste Punkt war, so ist es nun diesseits eben so entschieden
der September. Die Lüfte werden dann äußerst sanft und mild. Zuwecken
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Düs Schilfrohr und Gestriipp der pontischen Steppe.
einfallende Regen halten den unholden schwarzen Steppenstaub nieder. Die
Steppe ergrünt von Neuem mit nachsprießendem Grase.
Mit Ende September ist aber auch schon alle Lust wieder zu Ende,
und der October, der sich bei uns noch mit herrlichem Himmelblau schmückt,
ist schon wieder völlig Wüstenbarbar. Nach I. G. Kohl.
11. Das Schilfrohr und Gestrüpp der pontischen Steppe.
Das Schilfrohr.
Alle bedeutenden Steppenflüsse sind mit großen Schilfwaldungen ge-
schmückt. Es bilden sich diese Schilfwaldungen insbesondere da, wo sich
die Ströme ihrem Ausflusse nähern oder wo sie kleine stehende Seen,
Tümpel und Teiche bilden. Fast alle Steppenflüsse aber lösen sich
im Sommer zu einer Menge kleiner und großer Wasseransammlungen
auf, die alsdann mit emporschießenden Schilfwaldungen bedeckt werden.
Die Russen nennen diese Schilfwälder „Plawna", verstehen aber unter
diesem Ausdrucke auch überhaupt wohl die ganze Flußthalniederung, soweit
sie der Fluß zu überschwemmen pflegt. Diese Schilf-Plawnas sind nach
oen Grasverbrüderungen ohne Zweifel wohl die größten Pflanzengesell-
schaften, die in den Steppen vorkommen. Sie bedecken in den Thälern des
Dnjestr, Dnjepr und Don große Strecken von vielen Meilen Länge und
oft mehr als einer Meile Breite und sind vom größten Interesse für das
Thierleben. Im Sommer sind sie voll Vögel, insbesondere von solchen,
die bei uns im Walde leben, und die hier das Schilf als ihren Wald be-
trachten. Zeisige, Finken, selbst Nachtigallen bauen in Menge ihre Nester
im Schilfe und singen ihre Melodien. Die Schilfrohre stehen so dicht bei-
sammen, daß der Wind sie nicht zertheilen kann und sie nur oben gleich-
mäßig ein wenig hin und her schwanken macht. Die kleinen Sänger hängen
daher ihre Nester in völliger Sicherheit an drei Schilfrohre. Außerdem
aber sind die Plawnas beständig voll von Wasservögeln aller. Art, von
Enten und wilden Gänsen in Fülle, großen Schaaren von Pelikanen, deren
es hier zwei Arten giebt und die man oft zu 300 bis 400 bei einander sieht.
Die Raubvögel, welche hier fast die einzigen Jäger sind, haben daher die
schönste Jagd, und man sieht sie beständig von der hohen Steppe, wo sie
ihre Nester haben, herabschweben und über den Schilfrohren kreisen, in
denen bei ihrem Erscheinen immer ein Tumult und vielstimmiger Aufruhr
entsteht. Mancher kleine Vogel, der im Sommer die Schilfe mit Ge-
zwitscher belebte, zieht im Winter ganz davon. Dafür aber gesellen sich
zu den geflederten Kehlen, die da bleiben, im Winter noch viele bepelzte
Gurgeln. Die Hasen, die Wölfe und überhaupt alle Thiere, die durch die
erbarmungslose Kälte von der kahlen Steppe vertrieben werden, ziehen sich
in die niedrigen Plawnas der Flüsse zurück, um Schutz zwischen den
Schilfrohren zu suchen.
Sehr wichtig ist das Schilf für den Menschen. Vor allen Dingen
werden alle Häuser der Landleute mit Schilf gedeckt, alsdann flechten'sie
die Zäune der Gärten u. f. w., wenn sie sie nicht von Erde auswerfen,
aus Schilf. Ja in vielen Gegenden bauen sie auch ihre Häuser aus Schilf,
und zwar oft ganz hübsche und wohnliche, wobei die Schilfwände so mit
Lehm und Kalk überwarfen werden, daß, wer es nicht besser weiß, sich
eben so gut einbilden kann, er sei in einem steinernen Hause. Endlich
ment das Schuf auch noch als ein in den Steppengegenden weitverbreitetes
Brennmaterial.
Die Schilfwaldungen der Flüsse sind gemeinschaftliches Gut der an-
liegenden Ortschaften, allemal so weit das Gebiet eines jeden Ortes reicht,
2*
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
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Inhalt: Zeit: Geographie
Die Natur Spaniens.
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Schaluppen vollauf zu thun, bei Nacht und Nebel die Continentalsperre
brechend, kostbare Fracht nach dem Festlande zu bringen. ...
Ganz anders sieht es jetzt auf der Insel aus. Im Winter ist es
wohl einsam dort, und die Helgoländer nähren sich dann allein vom Ertrage
ihres Fischfanges und vom Lootsendienst. Kommt aber der Sommer heran,
so malen sie die Stuben ihrer Häuser fein mit Oelsarbe, stecken frische Vor-
hänge auf; denn gegen Mitte Juni langen aus ganz Deutschland die Bade-
gäste an, und bis zum September herrscht das glücklichste Leben auf der
alten sagenreichen Klippe, die ihre hohe rothe Wand im Meere widerspiegelt.
. . . . Helgoland ist wohl eine merkwürdige Insel, und wer sie einmal
gesehen hat, vergißt sie nimmermehr. Nach Joh. Ziegler (Dtsch. Ztg.)
Sie pyrrnirifche Halbinsel.
30. Die Natur Spaniens.
Aus der pyrenäischen Halbinsel ist die afrikanisch-arabische Bildung
und das afrikanische Leben dem oberflächlichen Anscheine nach wieder in
die Heimat, aus der es hervorbrach, zurückgedrängt worden; im Grunde
aber lebt es fort und fort und ist in Saft und Blut des Volkslebens über-
gegangen, und was die Natur anbelangt, so gehört der südliche Theil der
pyrenäischen Halbinsel viel entschiedener Afrika als Europa an. Schon die
Kette der Pyrenäen bildet mit ihrem unverhültnißmäßig hohen Kamm und
ihren schwierigen Pässen, eine viel bezeichnendere Scheidegrenze für Natur
und Völkerleben, als die leicht zu durchschneidende Meerenge von Gibraltar.
Die an den südlichen Abhang der Pyrenäenkette'sich anlehnenden
nördlichen und nordwestlichen Provinzen Spaniens schließen sich der europäi-
schen "Natur noch ziemlich eng an mit ihren Fichten- und Föhrenwäldern,
ihren freundlichen grünen Bergthälern und fruchtbaren Felsenschluchten mit
großartigen Wasserfällen und schönen Bergseen; im Mittelgebirge reiche
Roggenfelder, frischsastiae Wiesen, wasserreiche Bäche und Flüsse.
Schon die mittlere Zone mit Neu - Castilien und den umher-
gelagerten Landschaften gehört nicht mehr Europa an und weist ein Mittel-
glied auf zwischen der Natur der beiden Welttheile, das auf den Fremdling
aus dem Norden einen höchst trübseligen Eindruck macht. Nichts als ein-
förmige Hochebenen, von nackten Hügelreihen durchzogen, bieten sich hier
dem Auge dar, Kastanien und immergrüne Eichen auf der einen, fast aus-
schließlich vorwaltend Gräser auf der andern Seite. Nur die Monate
September und Oktober sind hier erträglich.
Die südliche Zone ist genugsam als afrikanisch bezeichnet durch die
schroffsten Gegensätze von heißester Glut und üppigstem Pflanzenreichthum
gegen nordische Kälte und gänzliches Absterben allen Pflanzenlebens. Hier
haben wir zugleich die Gegensätze des Hochgebirges auf der einen und der
Nrederung auf der andern Seite.
Als Hochgebirge ist der leibhaftige Vertreter dieser Zone die eigent-
liche sogenannte „Schneekette", die Sierra Nevada. Aus der mit ihren
südlichen Vorhöhen fast bt§ an das Gestade des Mittelmeeres reichenden
Kette der Sierra Nevada steigen aus einem von Glimmerschiefer gebildeten
Kamm sechs Kuppen bis über 3000 Meter empor, mit dem Mula Hasen,
als dem höchsten Gipfel und der höchsten Bergspitze in Europa überhaupt,
4*
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße]]
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Extrahierte Personennamen: Ziegler
Extrahierte Ortsnamen: Spaniens Deutschland Helgoland Spaniens Afrika Europa Spaniens Europa Sierra_Nevada Europa
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Bilder aus Europa. — Die pyrenäische Halbinsel.
nächst den Alpen. Diese in ihrer charakteristischen Eigenthümlichkeit erst in
allerneuester Zeit etwas bekannter gewordene Gebirgsgruppe entwickelt die
schlagendsten Gegensätze von afrikanischer Glut in den engen, von keinem
Windhauch durchzogenen Gebirgsthälern, wo selbst Passatwinde, welche den
Küstenländern Nord-Afrikas einige Kühlung zuführen, keinen Einfluß üben,
und bedeutender Kälte auf den Berghöhen, von tropischer Vegetation und
nordischem Pflanzenmangel. Hier giebt es keine Bergtristen und nur sehr
einzeln zerstreute Bewohner bei großer Wasserarmut.
Besonders afrikanisch ist das Gepräge des Niedergebirges mit glühenden
Schluchten und steilen starren Wänden, wild und zerrissen bei nur geringer
Höhe, wo selbst die Schasheerden einen Ziegenbock zum Führer erhalten,
weil sie allein nicht Energie genug besäßen, um die steilen Gehänge hinan-
zuklimmen. Man hat besonders auf den großen Farbenreichthum der Fels-
massen hingewiesen, indem selbst der Kalkstein den mannigfaltigsten Farben-
wechsel entwickelt. An diesen Gehängen nun steigen mit Felsblöcken und
Steinschutt verbarrikadirte Schluchten herab, ramdla genannt, und die in
mehr horizontaler Richtung eingeschnittenen tiefen darraneos. Dabei besteht
die vegetabilische Bekleidung dieser Bergzone neben Rosmarin und Oleander
vor allem nur in Zwergpalmen; aber die Dürre und Sonnenglut ist so
groß, daß sie alles verbrennt.
Zwischen den Gebirgen und den von Flüssen berieselten Gegenden,
wo die Natur dem Kunstfleiß der Menschen vorgearbeitet hat, erstreckt sich
der campo, auf weite Strecken hin des Anbaues fähig, aber öde und wüst,
der nordafrikanischen Steppenwüste vergleichbar und nur durch reichlichen
Regen zu befruchten, wo dann selbst fünfgigfäitttje Saat aufschießt, während
sonst alles verdorrt und versengt daliegt. So giebt es denn auch in dieser
Zone nur spärliche Pachthöfe und Landwohnungen. Und, eben wie die
Gegensätze gerade in dieser afrikanischen Zone der pvrenäischen Halbinsel so
überaus schroff und entschieden sind, ist gerade einer der traurigsten campos,
denen man in Spanien begegnet, die fast unbewohnte, öde Landschaft hart
im Südwest der reichen, lebensvollen vega von Murcia. Denn hier giebt
es keinen Uebergang, sondern wie man hinaustritt aus dem Bereiche der
von künstlichen Wassercanälen durchzogenen und genährten Pflanzungen, hat
man nackte, todte, wüstenartige Steppen vor sich. Kein größerer Gegensatz
ist denkbar, als derjenige des campo und der vega oder huerta.
Die vega oder huerta ist noch mehr als der eampo ein echt afrika-
nisches Bild. Selbst in Italien giebt es nicht so schöne Gärten, eben weil
nach Italien arabische oder vielmehr berberische Cultur nicht eindrang; nur
Sicilien hat etwas Aehnliches aufzuweisen. Denn Berber sind die eigent-
lichen Gartenbauer Nordafrikas, und schon die Römer nahmen manche den
Gartenbau und die verschiedenen Gemüsearten bezeichnende Namen von den
Berbern oder Mazighs Nordafrikas herüber. Genau genommen übrigens
enthält die vega oder huerta gar keine Gärten im eigentlichen Sinne, sondern
Gartenfelder, in kleinen Vierecken ausgelegte und von Wassercanälen oder
acequias, die von dem arabischen Schöpfrade, der noria, gespeist werden,
durchzogene Feldstücke. Es ist dieser Charakter, der die Huertas von
Valencia und Murcia in Anlage und Natur den schönsten Pflanzungen in
den nordafrikanischen Küstenländern nahe an die Seite stellt, z. B. derjenigen
von Gabes, nur daß die hier den Unterwuchs beschattenden^ Palmen m
ungleich größerem Maße vorwiegen, während die Palme in Spanien nur
ganz vereinzelt ihr malerisches Haupt über die Reihen von Maulbeerbäumen
und die schönsten Haine von Granat-, Feigen- und Orangenbäumen und
die Felder von Getreide, frischem jungen Reis und üppigen Hanf erhebt.
Nur in der Ebene von Elche im Südwest von Alicanti und vereinzelt in
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße]]
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Die Pyrenäen im Vergleich mit den Alpen.
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der Ebene südwestlich von Valencia stehen die Palmen zu Wäldchen zu-
sammen. ^ r . „
Bei solcher Fülle des verschiedensten Pflanzenwuchses t;t m der Bega
ewiger Wechsel von Blühen und Reisen, Keimen und Sprossen, Säen und
Ernten, aber die Grenze eben dieser reichen Fülle ist mit scharfen Linien
vorgezeichnet, und an die Stelle dieses mannichfaltigen Reichthums tritt
dann plötzlich wüste Dürre und Trockenheit, denn die Feuchtigkeit und
Wasserfülle, welche an der betriebsamen Hand des Menschen all dies Leben
erzeugt, wird umgrenzt und gebannt von nackten kahlen Gehängen. Aber
bezeichnend für den afrikanischen Charakter ist eben dieser Rand der Bega;
denn außer der, aus dem neuen Welttheil eingeführten Agave (spanisch pita),
die meist mit einem Blüthenstengel bis 6 Meter Höhe aufsteigt, wird dieser
Heckenrand fast ausschließlich von der sogenannten indischen Feige, der
Opuntia vulgaris gebildet.
Diese für den südlichen Theil der pyrenäischen Halbinsel so charak-
teristische vega oder huerta ist, wie gesagt, ganz arabisch-maurische Schöpfung,
aber das arabische Wesen belebte nicht allein Berg und Thal, Plateau
und Stromsaal bis hinauf in die klemsten Verzweigungen der größeren
Flüsse, deren Namen zum großen Theil erst durch die Kenntniß des Arabrschen
ihr wahres lebendiges Interesse erhalten, sondern dieses fremdländische
Element ist auch in die gesummten Lebensanschauungen des Spaniers ein-
gedrungen. Heinrich Barth.
31. Die Pyrenäen im Vergleich mit den Alpen.
Die geringere Höhe der Pyrenäen, die unter dem höchsten Gipfel der
Alpen etwa um 1300 M. zurückbleibt, ist für die wesentliche Verschiedenbeit
beider Gebirge weniger von Gewicht, als der auffallende Unterschied in den
äußeren Umrissen, wie in dem ganzen Gebirgsbau. In den Alpen giebt
es mehr zusammenhängende Kämme; in den Pyrenäen mehr isolirte, auf
der hohen Basis des Rückens zu beträchtlichen Höhen sich erhebende Gipfel;
dort eine große Breite des Gebirges, im Zusammenhange mit weit erstreckten
Längenthälern, welche verschiedene Hauptjoche von einander sondern; hier
eine geringere Breite und Mangel an bedeutenden Längenthälern. Die
Alpen sind nicht allein in den Erweiterungen ihrer Querthäler, sondern
auch in ihrem Vorgebirge reich an Seen, die den Pyrenäen beinahe gänzlich
fehlen. Der geringeren Höhe und der südlicheren Lage ist es zuzuschreiben,
daß in den Pyrenäen der Schnee einen ungleich geringeren Flächenraum
einnimmt, als in den Alpen. Nie bemerkt man im Sommer auf den Gipfeln
der Pyrenäen eine ununterbrochen sich darstellende Schneedecke, wie sie
erscheint, wenn man die Alpen aus der Ferne betrachtet. Gletscher stnden
sich in den Pyrenäen nur an den Abhängen der höchsten Berge; nie ziehen
sie sich, wie so häustg in den Alpen, in Fhüler hinab; daher sie dort nicht
wie hier, Wiesen oder gar Kornfelder erreichen. Die weit geringere Masse
von Schnee und Eis ist eine Hauptursache, daß die in den Pyrenäen ent-
springenden Gewässer im allgemeinen weit weniger stark als diejenigen sind,
welche in den Alpen ihren Ursprung nehmen. Einen besondern Einfluß
hierauf hat auch die geringere Breite des Gebirges, und nicht ganz ohne
Einwirkung dürfte daneben die schwächere Waldvegetation sein. Denn
obgleich in den Pyrenäen wegen der südlicheren Lage der Baumwuchs höher
als in den Alpen hinansteigt, so ist doch die Bewaldung dort auffallend
geringer als hier, hauptsächlich wegen der geringeren Feuchtigkeit der
Atmosphäre und des Bodens, die zum Theil von der großen Trockenheit
des über Spanien fortstreichenden Südwindes abzuleiten ist, auch wohl
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Barth Heinrich
1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Aus den Maremmen.
67
Ein anderes Gemälde dieser merkwürdigen Stevpenlandschaft, gleich-
falls nach dem Leben, stellt uns ein deutscher Reisender, Dr. Klemm aus
Dresden, auf. Hören wir den lebendig schildernden Reisenden! — Bald
vor der Stadt Pisa beginnt ein wohlangebautes Land, und in diesem fuhren
wir einige Stunden fort. Da sahen wir die eigenthümliche Tracht der
Pisaner Landleute, die zur Arbeit ein langes weißes Hemd mit kurzen
Aermeln anziehen, welches gegen die dunkeln Gesichter und Arme grell
genug absticht. — Allgemach wurden die Ortschaften seltener und kleiner,
es zeigten sich lange Strecken ungebautes, hügeliches Land, welches mit
Gesträuch und Laubholz bewachsen war, das beim grauen Himmel einen
traurigen Eindruck machte, der beinahe dem gleichkam, welcher unsre dresdener
und dübener Haide und die Haidepartien der Herzberger und jüterbogker
Gegend hervorbringen, nur daß anstatt der Kiefern dunkele grüne Laub-
hölzer, wilder Wein, wilde Oelbüume, Pantoffelholzbüume oder Korkeichen,
sowie auch wilde Feigenbäume von zum Theil krüppelhaftem knorrigem
Wüchse, mit dem niedern aber üppigen Grase den dunkeln Erdboden be-
deckten. Auf der trefflichen Straße, der alten Via Aurelia, begegneten uns
viele Kohlentransporte. Man bedient sich dazu der Pferde und Maulesel,
denen man die Kohlensäcke oder Körbe zu beiden Seiten breit und hoch
genug aufladet. Drei Lastthiere sind gemeiniglich von einem Manne be-
gleitet, der die deutlichsten Spuren seiner Beschäftigung an sich trägt. Diese
Treiber haben hohe, spitze Hüte, um die Schulter rothbraune dicke Mäntel
und den Fuß mit dicken Gamaschen gegen die Vipernbisse geschützt. Recht
abenteuerlich sieht es aus, wenn diese schwarzen Gestalten durch die finstere
Haide auf der öden Straße einherziehen, — zumal da in der Haide selbst
die abenteuerlichsten, groteskesten Formen aufsteigen. Da man nämlich die
Holzung — der Malaria wegen — nicht regelmäßig benutzen kann, so wird
von Zeit zu Zeit ein Stück Holz angebrannt, ohne Rücksicht auf Holzarten
und Erdboden. Man ackert dann das mit der Asche gedüngte Land und
nennt dieses Verfahren Ackäellbiare. Im ersten und zweiten Jahre bringen
diese Aecker vielen Weizen hervor, kehren aber sodann zur früheren Unfrucht-
barkeit zurück, und dann überzieht sich der Boden auf's Reue mit wildem
Gestrüpp, aus welchem hier und da ein alter, halbverbrannter Baumstamm
wie ein schwarzer, kurzer, dicker Unhold mürrisch und tückisch hervorragt.
Richt minder wunderliche Gestalten bieten die Korkeichen oder Pantoffelholz-
bäume dar, von welchen alle drei Jahre die Rinde abgeschält wird. Die
entrindeten Bäume stehen dann blutroth im grünen Gebüsch. An den Eichen
rankt sich, gleich einer Riesenschlange, oft der wilde Weinstock empor; dieser
ist zwar nicht unfruchtbar, bringt aber nur sehr kleine Beeren, diese aber
in nicht bedeutender Fülle hervor, die einen sehr starken und kräftigen Wein
liefern. — Als lebendige Staffage bemerkten wir in diesen Haiden braune
Schafe, schwarze, fast haarlose Schweine, Rinder und Pferde, die vom Oc-
tober bis Juni hier weiden, dann aber, beim Eintritt der Hitze in die
Gebirge zurückkehren. Rur die Büffel bleiben auch dann noch in der Ma-
remma und befinden sich in den heißen, feuchten Steppen ganz vortrefflich.
Denn wenn es ihnen gar zu heiß wird, gehen sie in die Sümpfe, legen
sich bis an den Hals ins Wasser und nähren sich vom frischen Seegrase.
— Endlich erscheint auch der Wolf in der Maremma, von oen Gebirgen
herabstergend und den Heerden nachziehend.
Als Grund der Versumpfung dieses Theiles der Maremma betrachtet
man vorzugsweise den Ombrone, einen Fluß, der auf fünf Pfund Wasser
em Pfund Erde führt, diese an seinem Ausflusse absetzt, oie Kraft seines
Laufes dadurch hemmt, sein Bett erhöht und dadurch einen Sumpf bildet,
rn welchem das Meerwasser bei der Flut eindringt, ohne daß es nachher
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
68
Bilder ans Europa. — Italien.
einen raschen Abzug finden könnte; denn auch das Meer treibt Dünen
(Tomboli) auf, hinter denen der Sumpf sich erhält. In der Vermischung
des See- und Flußwafsers aber gedeihen gewisse Pflanzen, welche, wenn
sie in den heißen Monaten verfaulen, einen Gestank verbreiten, der fast
allem thierischen Leben feind ist, wie man versichert, daß dieser Hauch
Metalle anlaufen mache. Als besonders schädlich bezeichnet man unter diesen
Pflanzen eine Chara-Art, die dort vorzugsweise häufig wächst. Nächstdem
sollen die todten Fische, die der Ombrone, wenn Regengüsse sein Wasser
besonders getrübt, mit sich führt, und die im seichten stehenden Wasser ver-
faulen, die Luft vervesten. Mit einem Worte, das stehende Wasser ist ein
wesentlicher Grund, oaß diese ehedem blühende, von einer römischen Straße
durchzogene, mit großen Städten besetzt gewesene Gegend seit mehreren
Jahrhunderten eine Wüste geworden, welche die wenigen Bewohner vom
Monat Juni an fliehen müssen, wenn sie nicht noch früher, als es ohnehin
geschieht, dieser giftigen Atmosphäre erliegen wollen.
40. Der Vesuv.
Der Vesuv erhebt sich auf dem Ostgestade des Busens von Neapel
aus der Ebene, abgesondert und ohne unmittelbaren Zusammenhang mit
den nächsten Bergen. Er ist gleichsam die Krone der ganzen Landschaft,
und so prachtvoll sein Anblick ist, so prachtvoll ist der Ausblick seiner Höhe.
Ern mehrstündiger Weg führt anfangs durch die üppigsten Pflanzungen
von Wein, Feigen und Aprikosen, später durch ein schrecklich ödes, braun-
rothes Lavagefild bis zum steilen Kegel des Berges. Auch diesen hinauf
geht es anfangs ziemlich gut; es sind noch große, fest liegende Steine da,
aus welche man beim Steigen treten kann; sobald man aber höher kommt,
wird der Weg durch das Geröll und Gebröckel kleiner verbrannter Steine
und durch die rothbraune Erdasche außerordentlich beschwerlich. Bei jedem
Schritte aufwärts sinkt man wiederum einen halben Schritt zurück. Natürlich
muß man oft anhalten und ausruhen, damit die Kräfte sich sammeln. Hier
und da ist der Boden heiß, und ein weißer Rauch qualmt manchmal unter
den Steinen hervor. Nach einer halben Stunde ist die beschwerliche Be-
steigung des Kegels vollendet, wir stehen glrücklich oben am Rande de
Kraters.
Der Krater des Vesuvs ist ein ungeheurer rundlicher Kessel, dessen
Rand umher 10—15 Meter hoch ist und aus verbranntem Gestein und
Asche besteht. Natürlich ist dieser Rand an einer Stelle höher als an der
anderen. Um den ganzen Krater kann man mit großer Vorsicht auf dem
schmalen Rande, der ihn umgiebt, herumgehen, wozu etwa eine Stunde
erforderlich ist. Daß sich seine Gestalt der heftigen Ausbrüchen immer
verändert, ist bekannt.
In der Mitte des ungeheuern Kessels ist der eigentliche Feuerschlund.
Man sieht da einen kleinen Kegel, der 8—10 Meter hoch zu sein scheint
und durch das Gestein und die Asche, die der Vulkan immer auswirft, ge-
bildet ist. Auf dem Gipfel dieses Kegels ist eine Oeffnung, die in das
Innere des ewig brennenden Höllenrachens hinabgeht, aus welcher ein weißer
schwefelgelblich schimmernder, dichter Dampf aufwallt; einige kleinere Oeff-
nungen sind daneben. Am Fuße dieses kleinen Kraters bemerkt man an
verschiedenen Stellen, deren Zahl sich vermehrt, sobald es dunkel wird, das
Feuer der Erde. Wie düsterrothe Kohlenglut sieht man hier das Gestein
des Berges brennen; zwischen dem Feuer hin ziehen sich Lagen der schwarzen,
mit gelbem Schwefel überzogenen Erde. Die innere Wand des Kraters
ist steil und gewährt dem Auge eine gar wilde schauerlich öde Ansicht.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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1878 -
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
do
Bilder aus Europa. — Frankreich.
Feigenbaum, Myrte, Lorbeer und der schöne Tulpenlorbeer oder Magnolia
gedeihen noch im Freien; auf der Grenze der Vendöe um Ballet wächst
ein schwerer weißer Wein, und die immergrüne Stechpalme nebst den gelb-
blühenden Binsen erhalten auch im Winter der Landschaft einen Schein von
Leben. Dazu kommt noch das feuchte Klima, dem ja auch das grüne Erin
seinen Reiz verdankt; gewährt aber dasselbe auch feine Gemüse — denn
Blumenkohl, öalstt u. s. w. stirbt hier nie aus — so ist das Klima wohl
auch die Ursache, daß das Obst hier weniger kräftig und schmackhaft ist als
selbst in Norddeutschland, dessen geregelteres Klima ihm zuträglicher ist.
Die Erdbeeren selbst scheinen hier des Aromas zu ermangeln. Nur eins
gedeiht hier, erfreut sich aber auch vieler Pflege: das sind die Birnen, die
man namentlich um Nantes an Spalieren und Zwergbäumen zieht und
nach Paris und London versendet. Eine andere Delikatesse liefert das Land
bei Paimboeuf in den Hämmeln, welche auf den von Meerwasser gedüngten
Wiesen weiden. Einen ungemeinen Reiz gewährt der Landschaft der viele
Epheu, der in üppiger Vegetation sich um Mauern und Felsen schlingt, als
wollte er uns andeuten, daß wir das Land der Sagen betreten. Es ist
nicht der rein modern französische Charakter, den die hresige Bevölkerung an
sich trägt, und selbst die Landschaft besitzt an den überall hin zerstreuten
Druidendenkmälern noch viele Reste ihrer bretanischen Eigenthümlichkeit.
Reizend sind die Umgebungen von Nantes, vor allem das Thal
des Erdre, eines langsam schleichenden, düstern Flusses, dessen Ufer aber
romantisch sind und im Sommer zu Spazierfahrten einladen; an seinem
User, eine Stunde von der Stadt, steht das Schloß Barbebleue, wo der
Rrtter Blaubart hauste, eine düstere Ruine, über und über mit Epheu und
wildem Weine überwachsen. Malerisch sind die Ufer der Sevre, die von
der Südseite in die Loire fällt. In dem lieblichen Bertou, einem Flecken,
feiert der Nanter sein Landleben. Aber von weit her kommt man, um das
entferntere Clisson zu sehen und sich der romantischen Stimmung hinzu-
geben, die der Ort erweckt. Der schöne Park, der wirklich an italienische
Landschaft erinnert, wie auch das Städtchen ganz italienisch gebaut ist,
gehört zu dem jetzt eine prächtige Ruine bildenden Schlosse.
In dem Departement der Niederloire auf dem linken Ufer ist auch
der größte See Frankreichs, genannt le lae de Grandlieu. Man fahre an
einem Herbsttag mit dem Schiff nach dem nahen Jndret hinab, einer der
größten Maschinenbauanstalten Frankreichs, auf einer Loireinsel. Bon der
Höhe des Ufers hat man ein herrliches Panorama über die Loire und das
industriebelebte Thal, worin Essen dampfen, Maschinen hämmern, Fischer-
boote sich kreuzen, und das Auge überall angezogen wird von reizenden
Villen. Von hier aus hat man #/4 Stunden zu dem See, der zwei^Stunden
lang und Iv2 Stunde breit ist. Die Sage geht, daß hier eine Stadt ge-
standen und gegen Ende des 6. Jahrhunderts von den Fluten verschlungen
worden sei. Nach Bumüller u. Schuster.
53. Die Landes oder Haiden von Medoc.
Kaum hat man Bordeaux verlassen, so findet man sich in einer unab-
sehbaren Ebene, die bis zum äußersten Horizont mit wilden Pflanzen bedeckt
ist. Man verliert sich in der trostlosen Oede, wo auf unbegrenztem Raum
kein Zeichen die Anwesenheit eines Menschen verräth. Ueberlüßt man sich
in dieser wüsten Fläche dem Zufall, so läuft man Gefahr, tagelang durch
Busch und Moor wandern zu müssen, ehe man auf eine^ armselige Hütte
trifft, welche vielleicht von einigen Unglücklichen bewohnt ist, die der Fieber-
frost schüttelt. Kleine, von den Insassen gebaute Oasen verbergen sich hier
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Grandlieu Bumüller
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Norddeutschland Nantes Paris London Nantes Niederloire Frankreichs Frankreichs